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Von: Loryn Pörschke-Karimi
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Paramount+ legt in seinem ersten Monat auf dem deutschen Markt direkt eine Eigenproduktion vor. Der Scheich erzählt die aus dem Wahren gegriffene Geschichte eines Mannes, der sich als arabischer Thronfolger ausgibt und die Schweizer Finanzwelt an den Rand des Wahnsinns treibt.
Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!
Wovon handelt die Serie Der Scheich?
Ringo (Björn Meyer) ist ein liebender, manchmal etwas tollpatschig wirkender Familienvater, der irgendwie das Glück hat, eine bezaubernd-coole Frau an Land gezogen zu haben. Die ist zwar noch mit dem gemeinsamen Freund (Pasquale Aleardi) verheiratet, aber steht treu und loyal zu ihrem Ringo.
An einem Abend, während Ringo im Regen vor einem Geschäft einen Werbefilm zum Land Katar schaut, sammelt ebenjener Freund ihn ein und will ihn heimbringen. Doch unterwegs werden sie von einigen Drogensüchtigen angehalten, die darauf bestehen, dass Ringo ihnen einst eine Tasche mit Dreckwäsche - und einem wertvollen Inhalt - weggenommen habe. Als der Freund das hört, saust er davon und die Kriminellen jagen Ringo ins Moor und überlassen den schnell Versickernden sich selbst. Natürlich nicht, ohne den Grundstein für die Story zu legen: Sie fordern ihr Geld, 100.000 Euro, bis zu einer Deadline in einigen Tagen zurück...
Ringo versinkt im Moor und wird im allerletzten Moment auf mirakulöse Art und Weise gerettet. Er landet im Krankenhaus, in dem seine besorgte Freundin Carla (Petra Schmidt-Schaller) ihn endlich wiederfindet und sich um ihn kümmert. Denn Ringo ist Analphabet, was irgendwie dazu führt, dass im Krankenhaus niemand von einer schweren Diabetes wusste.
Als Ringo und Carla nach Hause kommen, ist alles verwüstet. Carla weiß von der Tasche auf dem Parkplatz und leitet sofort ab, dass es um diese mehrere Jahre alte Geschichte geht. Das hält sie jedoch nicht davon ab, am nächsten Tag darauf zu bestehen, mit Ringo und den beiden Kindern in Urlaub in die Schweiz zu fahren. Den Trip nach Zürich hat sie lange für den Jahrestag des Paares geplant. Denn Ringo liebt die Schweiz. Dort haben die vier viel Spaß, wenn sie auch eher wie Fremdkörper durch das Land stromern. Ringo verirrt sich in einem schicken Restaurant in die Privatveranstaltung einer Immobilienfirma.
Dessen Juniorchef Urs (Philippe Graber) steht unter großem Druck, kann er doch die Ansprüche seines Vaters in keiner Weise erfüllen. Als Ringo ihn dann auch noch anrempelt und Wein aufs Hemd schüttet, ist alles vorbei. Doch so will Ringo auch nicht mit sich umgehen lassen und erfindet die Geschichte, der uneheliche, aber anerkannte Sohn des Herrschers von Katar und einer Hamburger Geliebten zu sein. Urs schluckt die Geschichte und bietet ihm seine Dienste als Makler an, was der angehende Hochstapler aber dankend ablehnt und zu seiner Familie zurückkehrt.
Zumindest, bis zu dem Moment, an dem die Drohungen über die 100.000 Euro aus dem Schwarzwald bis in die Schweiz dringen. Da erinnert er sich daran, dass man in Katar zum Beweis des Vertrauens Geldgeschenke innerhalb von Geschäftsabschlüssen macht und bittet Urs um einen Termin, eine Luxusvilla zu kaufen. Beim Besichtigungstermin ermahnt er den Makler, sich an die Bräuche zu halten und ihm ein hohes Geldgeschenk als Vertrauensbeweis zu machen. Der begeisterte Urs jagt fortan einen Kredit, um die Bedingungen des Scheichs zu erfüllen. Unterdessen rückt auch bei Ringo die Bedrohung näher: Als die Familie in den Schwarzwald zurückkehrt, findet sie die Katze tot im blutigen Bett des Sohnes vor.
Wie kommt es rüber?
Den Einstieg macht die Serie Der Scheich den Zuschauer:innen nicht einfach. Die ersten Minuten sind verwirrend und teilweise geradezu abstrus. Das Verhalten der Figuren ist so widersinnig, die Story so abgedreht. Dann jedoch wendet sich das Blatt etwas zugunsten des Drehbuchs. Ringo wird in der ersten Viertelstunde als so kindlicher, tapsiger Bär dargestellt, dass man sich fragt, wie die Beziehung mit Carla überhaupt funktioniert. Im Laufe der Pilotepisode bricht die Story damit und stellt seine Fähigkeiten in der Vordergrund. Ringo kann gut andere mit Lügengeschichten an der Nase herumführen. Das tut er mit seinen Freunden ebenso wie mit Fremden. Und nun nutzt er sein Talent, um die Zürcher Finanzwelt auf den Kopf zu stellen.
Die Charaktere und die Story schleichen sich durch die Hintertür ins Interesse. Es ist einfach, sie in den ersten Minuten zwischen Klischees und unglaubwürdigen Konstellationen an den Haken zu hängen. Denn der Absurdität fehlt dort sowohl die Cleverness als auch die Komik. Es ist vor allem verwirrend - auf wenig spannende Weise.
Besonders interessant wird es später, denn die Story soll von wahren Ereignissen inspiriert worden sein. Das spielt auf den Fall des Schwarzwälders Volker Eckel an, der 2009 reiche Schweizer um große Beträge brachte, indem er sich als saudischer Scheich und unehelicher Sohn von Saddam Hussein ausgab.
Auch in dem wahren Fall ist es zunächst schwer zu glauben, dass der eher harmlos wirkende Deutsche die Schweizer Finanzwelt an der Nase herumführen konnte, sieht er doch alles andere als arabisch aus... Doch diese Spannung im Charakter des Hochstaplers bringen Darsteller Björn Meyer und die Autoren wirklich gekonnt und unterhaltsam auf die Mattscheibe.
Fazit
Die wahre Geschichte beginnt erst mit dem Ende der ersten Folge. Wer bis dahin durchhält, der kann eine durchaus unterhaltsame Miniserie erleben. Dann entzündet sich die Geschichte, die bis heute wohl Fragen aufwirft. Wie der unbedarft wirkende Schwarzwälder die reichen Zürcher narren konnte, wird so von Episode zu Episode glaubwürdiger, wenn die Anfänge auch ziemlich zäh sind.
Hier abschließend noch der Trailer zur Serie „Der Scheich“: